Auch der südlichste Zipfel des Burgenlandes blieb nicht von schrecklichen Gewalttaten gegen ungarische Zwangsarbeiter kurz vor Kriegsende verschont.
Im Dezember 1944 kamen die ersten von insgesamt etwa 250 – 500 ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern im „Unterabschnitt V/4 Kalch“ an. Sie wurden auf mehrere Quartiere in Neuhaus, Kalch, Bonisdorf und Ocinje (Slowenien) aufgeteilt.
Der Großteil der ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter traf erst im Februar und März 1945 in diesem Unterabschnitt ein. Da sie vorher aber bereits im Raum Sopron Schanzarbeiten leisten mussten, erreichten sie die Lager in Neuhaus, Kalch und Bonisdorf in dementsprechend schlechter Verfassung. Nach kurzer Zeit brach in den Lagern Flecktyphus aus. Die erkrankten Ungarn wurden im Wald bei Krottendorf erschossen.
Mindestens 100 der ungarischen Zwangsarbeiter des „Unterabschnittes V/4 Kalch“ waren im Haus Nr. 69 sowie in der Schule in Neuhaus einquartiert. Im Quartier und auf den Baustellen bewachte sie eine Einheit kroatischer Waffen-SS, die aus Angehörigen des SS-Baubataillon „Kama“ bestand. Diese mohammedanische SS-Einheit ist für zahlreiche Morde und Grausamkeiten am Südostwall bekannt. In Neuhaus erschoss beispielsweise die SS gleich am ersten Arbeitstag der ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter völlig grundlos einen Mann auf dem Weg zur Baustelle. Der einzige Grund dafür war, dass er am Schluß der Arbeitskolonne ging. Nach der Überzeugung des Überlebenden Alan Brown handelte es sich dabei um eine reine Terror- und Abschreckungsmaßnahme. Aber auch Zivilpersonen ließen sich in Neuhaus Grausamkeiten gegen die Ungarn zuschulden kommen.
Quellen:
Burgenländisches Landesarchiv, Gemeindeberichte, Gemeindebericht Neuhaus am Klausenbach, 29. Juli 1957.
850 Jahre Neuhaus am Klausenbach, Mattersburg 2008, S. 58 - 63 und S. 173 - 176.
Udo Fellner. Bittere Heimatgeschichte, Das Schicksal der jüdischen Zwangsarbeiter in Krottendorf und Kalch. In: Gerhard Baumgartner, Eva Müllner, Rainer Münz (Hg.). Identität und Lebenswelt. Ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt im Burgenland. Eisenstadt 1989, S. 128 - 132.
Eleonore Lappin-Eppel. Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45. Arbeitseinsatz – Todesmärsche – Folgen. Wien, Berlin 2010, S. 353 - 359.