Für den Stellungsbau rund um Deutschkreutz waren neben polnischen und ukrainischen Zwangsarbeitern auch französische Kriegsgefangene und etwa 3000 ungarische Jüdinnen und Juden eingesetzt.[1] Mitte November 1945 verlegte man 1500 jüdische Frauen nach Deutschkreutz. Offenbar waren die Frauen für die schweren Arbeiten im Forst und beim Ausheben der Schützengräben ungeeignet, denn schon ab Ende November ersetzte man sie durch rund 1800 Angehörige ungarischer Arbeitsdienstkompanien. Nur wenige Frauen blieben nach dem Dezember 1944 noch für Arbeiten innerhalb des Lagers und in der Lagerküche zurück. Die Unterbringung der Jüdinnen und Juden erfolgte auf dem Gelände des Bahnhofs von Deutschkreutz sowie im Schaflerhof, dem Gutshof des direkt benachbarten Schlosses von Deutschkreutz. Auch im Schloß selber sollen ZwangsarbeiterInnen untergebracht worden sein. Lagerkommandant war angeblich ein SS-Rottenführer namens Scherer, die Wachmannschaft bestand vermutlich aus SA-Männern aus Ybbs an der Donau und Krems. Die Fluktuation unter den ZwangsarbeiterInnen des Lagers war offenbar sehr hoch.
Auch das Lager in Deutschkreutz war von einer Fleckfieber- und Ruhrepidemie betroffen. Die Toten, teilweise waren es 20 – 30 Personen pro Tag, schaffte man auf den jüdischen Friedhof von Deutschkreutz und beerdigte sie dort in einem Massengrab. Kurz nach dem Krieg fand dieses Massengrab Erwähnung im Volksgerichtsprozeß gegen Alfred Slawik[2], fiel danach aber wieder in Vergessenheit. 1964 konnten Mitarbeiter der Israelitischen Kultusgemeinde nicht einmal mehr die genaue Lage des Grabes eruieren. Mit Hilfe des ehemaligen Totengräbers war schließlich die genaue Lokalisierung möglich, und im Juni 1974 wurde auf dem Grab ein Gedenkstein errichtet. Laut Inschrift sollte es sich im Grab um 284 jüdische Opfer handeln, die „während des nationalsozialistischen Regimes durch Deutschkreutz transportiert wurden“. Das Lager mit seinen unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen fand keine Erwähnung auf dem Gedenkstein! Die Zahl und die Namen von 284 Toten geht auf die Totenscheine zurück, die der jüdische Arzt Dr. Kohout zwischen dem 26. November und dem 31. Dezember 1944 ausstellte. Da das Lager aber bis Ende März bestand hatte, vermutet der burgenländische Forscher Leopold Banny eine Gesamtzahl von bis zu 650 Toten in diesem Massengrab.
1992 wurde der jüdische Friedhof von Deutschkreutz wieder instand gesetzt. Ein Teil der Grabsteine, die 1944/45 für den Bau des Südostwalles verwendet wurden, konnte dabei wieder auf dem Gelände aufgestellt bzw. in die Friedhofsmauer eingelassen werden. 2013 erhielt der Gedenkstein auf Initiative des Vereins Misrachi eine neue Inschriftenplatte mit dem nunmehr teilweise korrigierten Text: „Auf diesem Friedhof ruhen, in einem Massengrab verscharrt, 284 Juden aus Ungarn, davon 40 unbekannten Namens. Sie wurden im Zwangsarbeitslager Deutschkreutz in der Zeit vom 26. 11. bis 31. 12. 1944 zu Tode gebracht.“
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[1] Vgl. zu Deutschkreutz: Eleonore Lappin-Eppel. Ungarisch-Jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45. Arbeitseinsatz – Todesmärsche – Folgen. S. 277ff
[2] LG Wien, Vg 7d Vr 435/47 gegen Alfred Slawik