Bruckneudorf ist zum Lagerkomplex Bruck an der Leitha zu zählen. Zwar lag Bruck nicht direkt am Südostwall, war aber als Verkehrsknotenpunkt von Bedeutung und sollte aus strategischer Sicht stark befestigt werden, um der Roten Armee den Vormarsch auf Wien zu verwehren. Zu diesem Zweck setzte der Gau Niederdonau an dieser Stelle 8.000 – 10.000 Schanzarbeiter ein. Neben 500 notdienstverpflichteten Einheimischen waren auch 3000 Kriegsgefangene aus dem nahen Kriegsgefangenenlager Kaisersteinbruch sowie 500 Fremdarbeiter seit Herbst 1944 im Schanzeinsatz.[1]
Die ersten ungarischen Juden trafen schon im Sommer 1944 in Bruck ein. Sie stammten damit aus dem Pool der etwa 16.000 Strasshofer Juden, die im Zuge von Verhandlungen zwischen der SS und Reszö Kastner im Durchgangslager Strasshof einquartiert, und von dort familienweise auf Arbeitsstellen in den Gauen Wien und Niederösterreich aufgeteilt wurden. In einem Schreiben an das Arbeitsamt in Bruck an der Leitha forderte der Brucker Bürgermeisters Bauer am 2. Juni 1944 30 Juden „für den Einsatz in der Land- und Forstwirtschaft“ an.[2] Tatsächlich teilte ihm das Arbeitsamt einen Monat später 19 jüdische Zwangsarbeiter zu, wie aus einer Ratssitzung hervorgeht.[3]
Im Oktober 1944 quartierte man dann etwa 1500 bis 2000 ungarische Juden in mehreren Scheunen im Ort ein. Die Scheunen befanden sich in der Fischamender Straße, am Stadtgut und der Höfleiner Straße. Noch heute stehen in der Höfleiner Straße ab dem Kreisverkehr fünf der damals belegten Scheunen. Mittlerweile sind sie in die „Zone des Denkmalgebietes“ in Bruck integriert. Neben dem Einsatz zu Schanzarbeiten setzte man die Ungarn auch für Holzschlägerungen und Holztransporte zu den Baustellen, sowie für Straßenarbeiten ein. Nahrungsmittel gab es gerade nur so viel, um die Arbeitskraft der ungarischen Juden zu erhalten. Die Scheunen wurden während des gesamten Winters nicht geheizt – ein Umstand, der den Schanzarbeitern sehr zu schaffen machte. Teilweise waren die Scheunen auch nicht dicht, so dass es hineinschneien konnte. Zudem waren die Ungarn kleidungsmäßig nicht auf einen Einsatz im Winter vorbereitet.[4]
Eines der vielen Brucker Lager befand sich auf dem Gebiet der Gemeinde Bruckneudorf im sogenannten Heidehof, etwa einen Kilometer südöstlich des jetzigen Autobahnknotens Bruckneudorf und einige hundert Meter östlich der Ausgrabungen der römischen Villa Rustica von Bruckneudorf. Derzeit trägt der Hof den Namen „Heidehof Rupp“. Laut Unterlagen des Internationalen Suchdienstes Arolsen sind im Januar 1945 zwei Personen im Heidehof verstorben (Vilmos Meller am 4. Januar und Miklos Pastor am 16. Januar).[5] Im Brucker Totenbeschauprotokoll wird als Todesort der beiden Männer „Baracke 48“ bzw. „Krankenrevier“ angegeben.[6] Es drängt sich der Verdacht auf, dass es sich beim Lager Heidehof um eines der berüchtigten „Lazarette“ handelte, die nach Ausbreitung der Fleckfieberepidemie in den Lagern längs des Südostwalles entstanden.[7] Auch die abgelegene Lage, weitab jeglicher Ansiedlung und aller anderen Brucker Judenlager, spricht für diese Annahme. Die Auswertung der Brucker Totenbeschauprotokolle durch Petra Weiß hat ergeben, dass im Krankenrevier von Dezember 1944 bis März 1945 insgesamt 24 Personen als verstorben gemeldet wurden, Baracke 48 meldete im Januar und Februar 1945 insgesamt 15 Verstorbene.
Die Evakuierung der Brucker Lager erfolgte am 29. März 1945. Der Großteil der überlebenden Ungarn marschierte Richtung Deutsch-Altenburg und verbrachte am Donauufer einen Tag und eine Nacht. Gemeinsam mit den aus den Engerauer Lagern eintreffenden Ungarn wurden sie an Bord von Transportkähnen gebracht und nach Mauthausen verschifft. Während des Evakuierungsmarsches mißhandelten die begleitenden Wachmannschaften die Ungarn derart brutal, dass hier noch hunderte Opfer – vor allem unter den Engerauer Juden – zu beklagen waren.
Kranke und Marschunfähige Ungarn aus Bruck wurden etwas später mit der Eisenbahn nach Mauthausen geführt.
Die Toten von Bruck bestattete die Stadt in einem Massengrab auf dem Ortsfriedhof. Das gepflegte Grab existiert bis heute und weist auf dem Grabstein 155 Opfer aus, die vom Stadtarchiv Bruck auch namentlich erfasst wurden.[8]
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[1] Zum Themenkomplex Bruck an der Leitha vgl. Michael Achenbach, Dieter Szorger. Der Einsatz ungarischer Juden am Südostwall im Abschnitt Niederdonau 1944/45. Dipl.Arb. Wien 1996 und Petra Weiß, Irmtraud Karlsson. Die Toten von Bruck. Dokumente erzählen Geschichte. Vorurteile – Anordnungen – Schicksale. Berndorf 2008
[2] Stadtarchiv Bruck an der Leitha, 89 – Arbeitseinatz 1944
[3] Petra Weiß. Die letzten Monate nationalsozialistischer Herrschaft in Bruck/Leitha. Bruck a.d.Leitha 1999. S. 22.
[4] Vgl. hierzu Michael Achenbach, Dieter Szorger. Der Einsatz ungarischer Juden am Südostwall im Abschnitt Niederdonau 1944/45. Dipl.Arb. Wien 1996, S. 77 - 83.
[5] Internationaler Suchdienst Arolsen. Bericht N 48. Tätigkeitsbericht 1976. S. 141
[6] Petra Weiß, Irmtraud Karlsson. Die Toten von Bruck. Dokumente erzählen Geschichte. Vorurteile – Anordnungen – Schicksale. Berndorf 2008. S. 58.
[7] Vgl. hierzu das Kapitel über Purbach.
[8] Petra Weiß, Irmtraud Karlsson. Die Toten von Bruck. Dokumente erzählen Geschichte. Vorurteile – Anordnungen – Schicksale. Berndorf 2008. S 112 – 116.