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Unger, Karl

Karl Unger wurde am 20., 22. oder 23. November 1895 in St. Margarethen geboren (hierzu gibt es widersprüchliche Angaben in den vorliegenden Dokumenten). Unger war als Gemischtwarenhändler in St. Margarethen tätig. Zusätzlich übte er die Tätigkeit eines Beirates für die Handelskammer in Eisenstadt aus.

 

War Unger anfangs politisch noch großdeutsch eingestellt, wurde er in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre zum führenden Nationalsozialisten in St. Margarethen. Am 12. März 1938 enthob er den Gemeinderat seiner Funktionen und setzte sich selbst als neuen Bürgermeister ein. Nach eigenen Angaben war er seit Mai 1938 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 6.158.302). Ab Dezember 1938 übernahm er auch die Funktion des Ortsgruppenleiters. 1940/41 setzte ihn die Partei einige Male als Redner ein. Von seiner Umwelt wurde Unger als „unduldsam“, „rücksichtslos“ und „brutal“ beschrieben. Als fanatischer Nationalsozialist denunzierte er zahlreiche politisch andersdenkende St. Margarethener bei der Kreisleitung oder auch bei der Gestapo-Stelle in Eisenstadt. Aufgrund der vielen Anzeigen war Unger in der Bevölkerung alles andere als beliebt. Die Beschwerden über Unger brachte der Ortsbauernführer von St. Margarethen, Anton Hartmann, bei Kreisleiter Edmund Brauner in Eisenstadt zur Sprache. Brauner zeigte jedoch keinen Willen, die Sache weiter zu verfolgen. Nachdem auf diesem Weg keine Änderung zustande kam, entschloß sich Hartmann gemeinsam mit zwei weiteren St. Margarethnern die Gauleitung über die Mißstände zu informieren. Offenbar waren die Vorwürfe schwerwiegend genug, denn Ende 1943 kam es zu einem Parteigerichtsverfahren gegen Unger. Die Gauleitung setzte am 4. Januar 1944 seine Funktion als Ortsgruppenleiter offiziell für 4 Monate aufgrund von „Schwarzschlachtens“, „Schwarzhörens und anderer Vergehen“ ruhend. Tatsächlich blieb Unger aber 11 Monate lang von dieser Funktion beurlaubt. Das Verfahren endete anscheinend lediglich mit einer Verwarnung durch das Gaugericht, verbunden mit einer zweijährigen Probezeit. Im Dezember 1944 fungierte Unger wieder als Ortsgruppenleiter von St. Margarethen.

 

Kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee flüchtete Unger nach Unterach am Attersee. Sofort bei seiner Rückkehr nach St. Margarethen wurde er verhaftet, und im Februar 1946 an das Gefangenenhaus am Wiener Landesgericht überstellt. Unger stand im Verdacht, am Vormittag des 30. März 1945 sechs ungarische Juden im Meierhof in St. Margarethen erschossen zu haben. Außerdem sollte er an der Erschießung von ca. 40 weiteren ungarischen Juden am Nachmittag desselben Tages, ebenfalls im Meierhof, beteiligt gewesen sein. Auch seine zahlreichen Denunziationen sowie seine illegale Parteimitgliedschaft waren Gegenstand der Anklage gegen ihn. Die Erschießung ungarischer Juden (Anschuldigung nach § 3 Kriegsverbrechergesetz) wurde in der Anklageschrift als Tatbestand jedoch nicht mehr angeführt, da die Staatsanwaltschaft in diesem Punkt von der Anklage zurücktrat. Unger wurde schließlich aufgrund illegaler Mitgliedschaft zur NSDAP, aufgrund seiner Funktion als Ortsgruppenleiter und wegen Denunziation zu 4 Jahren schweren Kerkers, ein hartes Lager vierteljährlich sowie dem Verfall seines Vermögens verurteilt. Seit 8. Dezember 1945 in Untersuchungshaft und seit 9. Dezember 1947 in der Strafanstalt Stein in Haft, wurde er am 8. August 1948 – bei einer Probezeit von drei Jahren – frühzeitig aus der Haft entlassen. Die Tilgung seiner Strafe erfolgte am 25. November 1954. Karl Unger starb am 3. September 1955. Nach seinem Tod erstattete die Republik aufgrund einer Eingabe seiner Frau Juliane vom November 1956 das für verfallen erklärte Vermögen 1957 an die Familie zurück.

 

(Quelle: Wiener Stadt- und Landesarchiv. LG Wien Vg 11h Vr 3117/45 gegen Karl Unger.)

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