Im Ort befand sich die Baukanzlei des „Unterabschnittes V/4“. Im Oktober 1944 trafen ein Feldmeister und 20 Arbeitsmänner des Reichsarbeitsdienstes in Kalch ein und wurden im Gasthaus Anton Wolf einquartiert. Sie beaufsichtigten den Bau der militärischen Anlangen, zu denen auch die Bevölkerung der näheren und weiteren Umgebung herangezogen wurde. Schanzarbeiter, deren Wohnort nicht mehr als 10 Kilometer entfernt lag, konnten nach Arbeitsschluß nach Hause gehen. Diejenigen Notdienstverpflichteten die von weiter weg kamen, wurden in provisorischen Quartieren untergebracht.
Die in Kalch Nr. 69 stationierten ungarischen Zwangsarbeiter mussten täglich über den Rotterberg in das Gemeindegebiet von Ocinje marschieren und dort einen Panzergraben ausheben.
Nachdem sich die kroatischen SS-Männer um den 20. März nach Westen abgesetzt hatten, übernahmen Angehörige des Volkssturms die Bewachung der Zwangsarbeiter. Kurze Zeit später war auch bereits das Artilleriefeuer der sich stetig nähernden Front zu hören. Die Volkssturmmänner verhielten sich korrekt und ermutigten die Ungarn mit dem Hinweis auf das baldige Kriegsende zum Durchhalten.
Um den 30. März wurden schließlich alle ungarischen Zwangsarbeiter aus Neuhaus und Kalch abgezogen und in Fußmärschen nach Mauthausen beordert. 15 Personen, die zu krank oder schwach für den Fußmarsch waren, ließ man zurück. Offenbar wollte man auch sie noch in letzter Minute erschiessen, was aber letztlich durch den schnellen Vorstoß der russichen Panzer unterblieb, die am 31. März durch den Ort rollten. Alle zur Verteidigung des Ortes eingeteilten Volkssturmmänner verließen aufgrund der völligen Aussichtslosigkeit eines Kampfes eigenmächtig ihre Stellungen. Die 15 überlebenden Ungarn wurden nach der Eroberung des Ortes durch die Rote Armee im Schulgebäude von Kalch untergebracht und vermutlich dort versorgt. Die Hälfte von ihnen verstarb jedoch noch in den nächsten Tagen. Diese Toten bestatteten ihre Kameraden nach jüdischem Ritus etwa 200 Meter vom Schulhaus entfernt im Wald in sieben Einzelgräbern. Junge Burschen aus dem Ort mußten die Gräber ausheben und auch wieder schließen. Zwei der dort Bestatteten konnten identifiziert werden. Es handelte sich um Sándor Braun und Heinrich Hollande.
Quellen:
Burgenländisches Landesarchiv, Gemeindeberichte, Gemeindebericht Kalch, 29. Juli 1957.
850 Jahre Neuhaus am Klausenbach, Mattersburg 2008, S. 58 - 63 und S. 173 - 176.
Udo Fellner. Bittere Heimatgeschichte, Das Schicksal der jüdischen Zwangsarbeiter in Krottendorf und Kalch. In: Gerhard Baumgartner, Eva Müllner, Rainer Münz (Hg.). Identität und Lebenswelt. Ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt im Burgenland. Eisenstadt 1989, S. 128 - 132.
Eleonore Lappin-Eppel. Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45. Arbeitseinsatz – Todesmärsche – Folgen. Wien, Berlin 2010, S. 353 - 359.